Eine Palme steht im engen Lichtschacht einer gefliesten Wendeltreppe, Draufsicht
Flexibel bleiben in diesen Zeiten
29. Dezember 2020

"Flexibilität ist das beste Anti-Aging-Rezept, was du kriegen kannst" hat mir eine Tantra-Yogalehrerin mal mitgegeben. Der Satz ist mir hängen geblieben, weil ich schon eine ganze Weile beobachte, wie ich und die Menschen um mich herum mit den Einschränkungen und den Herausforderungen dieser Zeit umgehen.

Wenn wir an Flexibilität im Zusammenhang mit Yoga denken, dann kommen uns sofort Bilder von superschlanken jungen Frauen in den Sinn, die sich ihren Fuß hinters Ohr biegen.

Ich möchte hier aber nicht von der körperlichen Flexibilität schreiben, sondern von der des Geistes.

„Das einzig Beständige ist der Wandel“

So hat es Friedrich Engels formuliert. Ich verstehe die tiefe Wahrheit dahinter und sehe die Einladung, alles, was ich festhalte, los zu lassen.

Wenn mir nämlich klar wird, dass nichts von Dauer ist, wenn ich mir bewusst mache, dass ALLES ständig in Veränderung ist, dann brauche ich an gar nichts mehr festhalten, brauche keine Pläne schmieden.

„Wenn Du Gott zum Lachen bringen möchtest, dann berichte ihm von Deinen Plänen.“ oder -wie John Lennon sagte: - „Das Leben ist das, was passiert, während Du Pläne machst.“

Das Leben ist ein stetig dahinfließender Fluss, alles ist ständig und immer wieder anders, so sehr wir das auch zu verhindern versuchen.

Aber hast Du schon einmal bemerkt, wie sehr Du Dir selbst körperlich wehtust, wenn du an etwas festzuhalten versuchst, was schon lange vorbei ist. Du beißt die Zähne zusammen, wirst ganz starr und steif. Ich gehe oft durch die Straßen und sehe Menschen, in deren Körper sich das Festhalten an Vorstellungen oder Menschen, an Lebensplänen oder an Werte manifestiert hat: durch hochgezogene Schultern, durch steife Knie, durch verhärtete Gesichtszüge. Dann frage ich mich immer, was diese Menschen wohl umtreibt. Was macht sie so hart, so unflexibel?

Ich glaube, wenn wir uns wünschen, flexibler zu werden, dann müssen wir Vertrauen haben. Gottvertrauen. Urvertrauen. Und Mut. Den ersten Schritt zu wagen und los zu lassen:

  • eine Wertvorstellung, die uns nicht mehr dient
  • eine Überzeugung, die nicht mehr stimmt
  • einen Menschen, der uns nicht guttut
  • einen Plan, der längst überholt ist
  • einen Job, der nicht unsere Bestimmung ist …

Aktuell sind wir dazu aufgefordert, jeden Tag neu zu überlegen – eine meiner Teilnehmenden hat das mal als „auf Sicht fahren“ formuliert. Dieses Jahr hat uns gezeigt, dass Pläne, die wir lange im Voraus gemacht haben, immer und immer wieder über den Haufen geworfen werden mussten: Was für eine riiiiiiesen Herausforderung – und ich spreche da als Kontrolletti! Ich hab´s gern sicher und safe und weiß, was kommt. Hui, das war ein klasse Lernfeld in 2020.

Ich nehme das als Gutes aus dieser Zeit mit: ich war gezwungen, flexibler zu werden. Und siehe da: es war gar nicht so schlimm! Im Gegenteil!!! Es hat mir so viel Freiheit gegeben, nicht zu planen, nicht im Voraus dies und das zu bedenken, nicht alles abzuchecken. So viel Raum für … Alles und Nichts.

Ich bin dadurch in eine tiefe Entspannung geraten, die ich ganz bestimmt nicht mehr hergebe.

Und überall da, wo auch ich umplanen musste, war Raum in mir für neue Möglichkeiten:

  • Kein Präsenz-Yoga – okay, dann halt online. Mit der beglückenden und überwältigenden Erfahrung, dass die Teilnehmenden so flexibel waren und sich darauf eingelassen haben.
  • Keine große Party zum 40. - okay, dann halt tiefe und innige Begegnung mit Herzensmenschen an diesem Tag. Dazu ein selbst gemachter Kuchen und Erinnerungen...
  • Kein Unterricht bei meinem Sohn - okay, dann halt kochen und backen lernen mit ihm. Und der Beginn, über das Schulsystem generell nachzudenken.
  • Kein Chor zu Weihnachten – dann eben online Weihnachtslieder singen mit der weltbesten Kantorin, da hat sich sogar mein Mann getraut, mitzusingen, hat ja keiner außer uns gehört!

Diese Erfahrungen haben mich reich gemacht in dieser ver-rückten Zeit. Ich möchte sie mitnehmen und flexibler und flexibler werden.

Foto: Free-Photos, Pixabay

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